Mit Ein wirklich schlimmer Sommer feiert die Autorin Chiyori ihr Debüt außerhalb Japans. Die Newcomerin hat bereits einige kurze Geschichten im BetsuComi-Magazin veröffentlicht und bringt mit ihrem neuen Werk ihre erste mehrteilige Geschichte heraus. Ein wirklich schlimmer Sommer wurde im Februar 2015 von Tokyopop unter dem Label „I Love Shojo“ herausgebracht, inklusive limitierter ShoCo Card in der ersten Auflage des ersten Bandes.
Ein wirklich schlimmer Sommer…
Nagi Kanzaki ist fest davon überzeugt, dies wird ein wirklich schlimmer Sommer: Sie soll die Ferien bei ihrem Onkel in einem Schrein verbringen, während sich ihre Eltern vielleicht scheiden lassen. Kein neues Thema, doch noch nie schien es ihren Eltern damit so ernst zu sein. Im Zug zu ihrem Onkel wird Nagi von einem gut aussehenden Jungen geweckt, damit sie nicht den passenden Halt verpasst. Ohne eine Erklärung nimmt er ihre Tasche und läuft los, so dass Nagi kaum mithalten kann. Die beiden werden schon am Schrein erwartet, der ein wahres Paradies für Katzen zu sein scheint. Nagis Onkel erklärt, dass Satsuki ebenfalls im Schein wohnt und sich die beiden gut vertragen sollten. Beide scheinen nicht angetan von der Idee Zeit zusammen zu verbringen, doch sie reißen sich zusammen. Satsuki, der anscheinend schon Erfahrung mit dem Thema Scheidung gemacht hat, verunsichert Nagi, die immer noch an einen glimpflichen Ausgang glaubt. Erst als ihre Mutter sie anruft wird Nagi klar, dass sie sich bald entscheiden muss, bei wem sie leben möchte. Es ist also doch ein wirklich schlimmer Sommer!
Um Nagi das Nachdenken leichter zu machen, bittet Satsuki sie um ein Date. Er lockt sie in den kleinen Wald hinter dem Schrein, wo lauter Glühwürmchen tanzen. Beide setzen sich im Stillen auf den Boden und denken nach. Wie soll Nagi sich entscheiden bei wem sie lieber leben möchte? Das kann sie nicht! Schnell kommen ihr die Tränen, doch Satsuki spendet ihr Trost. Nagi beschließt die ganzen Sommerferien bei ihrem Onkel zu bleiben um sich Gedanken zu machen. Auch Satsuki scheint einiges auf der Seele zu haben und so kommen die beiden sich näher…
Oder etwa doch nicht?
Auch wenn Nagi und Satsuki bis zum Ende nicht offen ihre Zuneigung zeigen, so sorgen sie sich doch um einander. Hier kommt wieder das Stereotyp zum tragen, dass Frauen „Projekte“ mögen. Kein Wunder also, dass Nagi sich zu dem jungen Mann hingezogen fühlt, der anscheinend so viele Probleme im Gepäck hat. So kann er sich nicht nur abweisend verhalten, er bekommt auch noch Mitleid dafür. Ein Prinzip, das heute in vielen Geschichten Anklang findet, so wohl aber nur in Manga funktioniert. Trotzdem schadet es der Story nicht, denn der Fokus liegt eher auf der Trennung der Eltern. Scheidung ist ein ernstes Thema, das viel zu selten in Alltagsgeschichten angesprochen wird. Ich persönlich hätte mir daher mehr Innenperspektive gewünscht, um den inneren Konflikt der Hauptcharaktere besser zu erfahren. Andererseits kann so jeder Leser seine eigenen Gedanken auf die Charaktere projezieren. Auf jeden Fall schön, dass sich mal jemand an das Thema heranwagt!
Der Zeichenstil von Ein wirklich schlimmer Sommer wirkt noch etwas roh, zeigt jedoch großes Potential: Noch wirken die Haltungen der Charaktere teilweise etwas steif und die Gesichtsausdrücke könnten noch ein wenig ausdrucksstärker sein. Wer sich auf die Geschichte einlässt, wird dies jedoch nur nebenbei bemerken. Als Newcomerin wird sich Chiyori in Zukunft bestimmt auch in diesem Punkt noch weiterentwickeln. Neben den drei Kapiteln der Hauptgeschichte sind in Ein wirklich schlimmer Sommer auch zwei andere Kurzgeschichten enthalten, Verirrt ins Geisterhaus und Antwortsuche nach der Schule. Wer also einen guten Einblick in Chiyoris Erzähl- und Zeichenstil bekommen möchte, ist mit diesem Werk gut bedient. Wir sind sehr gespannt mehr Werke von Chiyori zu sehen.
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