„Boys Love“ ist mittlerweile ein Begriff für jeden Manga- und Anime-Fan in Deutschland geworden, doch es gibt kleine und feine Unterschiede, die das Genre so spannend machen. Shōnen Ai , Yaoi und Bara behandeln alle Geschichten rund um die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männern, doch mit verschiedenen Schwerpunkten und Zielgruppen.
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Shōnen Ai – Starke Männer mit Herz
Shōnen Ai fällt in das Genre Romance, da die Entwicklung der Liebesbeziehung zwischen den männlichen Protagonisten im Vordergrund steht. Hübsche Jungs (à la Bishōnen) mit tiefen Gefühlen und einer großen Sehnsucht. Da sich dadurch vor allem weibliche Leser angesprochen fühlen, zählen Shōnen Ai meist zu den Shōjo Mangas. Die Leserinnen sind oft Teenager oder noch junge Frauen. Im Gegensatz zum Yaoi werden hierbei kaum explizit erotische Handlungen dargestellt. Dafür gibt es Anspielungen, die alles andere dem Kopfkino überlassen.
In Japan wird der Begriff “ Shōnen Ai“ eher selten verwendet, meistens jedoch für Liebesgeschichten zwischen sehr jungen Protagonisten. Der verwendete Überbegriff lautet dort „Boys Love„, um vor allem gegen die Assoziation von Pädophilie vorzubeugen. Als eines der ersten Werke des Genres wird der Manga „Tōma no Shinzō“ von Moto Hagios angesehen, der 1973 in Japan veröffentlicht wurde. Seit 2002 befassen sich auch Manga-Verlage in Deutschland mit der Thematik und bringen regelmäßig Serien dazu heraus, z. B.:
- Ein melancholischer Morgen, Carlsen Manga
- Der Duft der Apfelblüte, Tokyopop
- Awesome Darling, Egmont Manga
Yaoi – Liebe mit Leib und Seele
Yaoi befasst sich, wie Shōnen Ai, mit der Liebe zwischen zwei jungen Männern, konzentriert sich dabei jedoch verstärkt auf die erotische Darstellung des Aktes. Auch bei diesen Erotik-Mangas ist die angesprochene Zielgruppe meist weiblich, und das Genre wird auch häufig von weiblichen Zeichnern bedient. Selbstironisch bezeichnen sich weibliche Yaoi-Fans auch als „Fujoshi“ (腐女子), sprich verdorbene Frauen. Yaoi-Manga verfolgen oft die gleiche Formel: Der Hauptcharakter ist der aktive Verfolger („Seme“ genannt), der dem passiven Partner („Uke“) hinterherläuft. Beide haben im Manga sowohl maskuline als auch feminine Eigenschaften. Anfänglich waren Yaoi mit einem tragischen Ende, das oft in dem Selbstmord des Protagonisten endete, sehr beliebt. Seit den 1990er Jahren bis heute werden jedoch Happy Ends bevorzugt.
In Japan bezieht sich der Begriff Yaoi eigentlich nur auf Dojinshis oder Fanfictions, die Charaktere in ihren Geschichten aufgreifen, die bereits aus Film und Fernsehen bekannt sind. Originelle Werke, die bei offiziellen Verlagen vertrieben werden, werden hingegen Boys Love genannt. Außerhalb Japans wird Yaoi jedoch auch für das gesamte Genre verwendet. Nachdem erste Yaoi in den USA bekannt wurden, fingen auch amerikanische Zeichner an hübsche männliche Pärchen zu zeichnen. Diese wurden erst als „American Yaoi“ bekannt und später zu „Global Yaoi“ umbenannt.
Bara – Gay Manga für Männer
Dem entgegen steht das Konzept von „Men’s Love„, oder auch Bara genannt: Bara-Manga richten sich gezielt an eine homosexuelle männliche Leserschaft, und werden daher auch meist von gleichgesinnten oder bisexuellen Zeichnern produziert. Im Gegensatz zum Yaoi wird hierbei auf die Darstellung von idealistisch hübschen Männern verzichtet, und die Protagonisten sind eher Maskulin, bis hin zum großen und haarigen „Bären“-Typ. Bara richtet sich ausschließlich an erwachsene Männer und gehört daher eher zum Seinen, als einem weiblichen Genre. Ein Bara-Manga enthält manchmal Gewalt und oft realistische Darstellungen von Sex.
Als einer der einflussreichsten Bara-Zeichner Japans wird Gengoroh Tagame angesehen, in dessen Werken es oft um Vergewaltigung, Folter und BDSM geht. Andererseits wird ihm vorgeworfen, dass es seinen Geschichten an Komplexität fehle. Da Bara meist nur in One-Shots veröffentlicht werden, anstatt in mehreren Bänden, bleibt den Zeichnern kaum Zeit tiefere Geschichten zu entwickeln. Nur selten werden daher Probleme thematisiert, die schwule Männer in Japan haben: Coming out, Gay-Marriage etc.